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Abgelehnt. Wie man mit Absagen umgeht und was eventuell der Grund sein könnte

„Absage“ war am 23.06.21 das Thema beim #wewritewednesday von @sally_n_writes auf Instagram, und es geht natürlich um Absagen von Verlagen, im weitesten Sinne sicher auch um Absagen – oder besser: fehlendes Weiterkommen – nach einer Wettbewerbsteilnahme.

Ich möchte dazu etwas aus Sicht einer freiberuflichen Verlagsmitarbeiterin sagen, denn für die meisten Autoren ist eine Absage natürlich schrecklich und nur wenig schlimmer als die Ungewissheit, die man empfindet, wenn man gar keine Rückmeldung bekommt.

Glück im Unglück hat, wer statt einer Standardabsage eine fundierte Begründung erhält, denn darauf könnte man bestenfalls noch was lernen, sobald man aufhören kann, im Kreis zu laufen und die Wand anzubrüllen.

Fast jeder Autor wünscht sich Feedback. Man möchte wissen, „woran es denn gelegen hat“, um sich zukünftig zu verbessern, seine Chancen zu erhöhen – und um ganz einfach eine Erklärung zu haben. So rein psychologisch kann das wertvoll sein.

Absagen schmerzen, ob mit oder ohne Begründung. Dass Verlagslektoren eine „persönliche Meinung vertreten“, stimmt nur bedingt. Verlage (und Wettbewerbe) folgen Regeln. Die sind kein Geheimnis, sondern werden meist sehr klar kommuniziert.

Zwei Drittel aller Absagen begründen sich nach meiner Erfahrung einfach durch mangelnde Sorgfalt und die Missachtung dieser Regeln. Und der Auswahl des Adressaten. Und der (oft) mangelnden Erfahrung, klar, die meisten hier sind noch am Anfang ihres Schaffens 😉

Das Thema ist komplex, deshalb schreibe ich lieber einen Blogbeitrag mit ein paar Tipps zu diesem leidigen Thema. Link liefere ich dann nach. Fragen? Unterstützung? Immer gern!

 

P.S.: unter diesem Pseudonym bin ich als #selfpublisher glücklich. Unter einem anderen bin ich #Verlagsautorin und damit ebenfalls #glücklich.

 

Okay, fangen wir mal an... es wird ein bisschen länger. Ihr müsst nicht alles lesen, orientiert euch einfach an den fetten Stichworten ;-)

 

Zuallererst: Jeder, der mit Bücher arbeitet, weiß ganz genau, wie viel Arbeit darin steckt und was es für den Autor bedeutet, sein Werk in die Welt zu entlassen.

Die Auswahl des Adressaten, von der ich eingangs sprach, entscheidet darüber, wer euer Herzensmanuskript auf den Tisch bekommt.

Ihr vollendet euer Manuskript, begebt euch auf Verlags- oder Agentursuche, verfasst ein Exposé mit ein paar Eckdaten und einer Zusammenfassung und einer Autorenvita, dazu ein Anschreiben. Ihr stellt eine Leseprobe zusammen, und ab damit an ein Email-Postfach.

Erste Hürde: Seid ihr sicher, dass euer Genre in diesem Verlag gut aufgehoben ist? Ist das Genre überhaupt klar? Genremix ist immer schwierig (aber nicht unmöglich). Seid also klar und eindeutig, gebt eure Zielgruppe an, legt euch fest.

 

Die Aufmachung: Manuskripte müssen nicht perfekt sei. Besonders nicht, wenn man relativ neu im Buchgeschäft ist. Man darf Anfänger sein, aber man sollte seinem Gegenüber nicht die Zeit stehlen. Es ist tatsächlich so, dass bei den Verlagen viele Manuskripte eingehen, unaufgefordert. Empfänger ist dann meist eine Bürokraft, die das Ganze in die richtigen Postfächer verteilt: Romantik zu Lektorin A, Fantasy zu Frau B., Krimi kriegt der Herr C.

Moment, autobiografischer Roadtrip? Ham wa hier nicht, kommt gleich in das Fach mit dem kleinen Mülleimersymbol. Da, wo schon das selbstillustrierte Kinderbuch gelandet ist. Und der Gedichtband und das Sachbuch.

Merksatz Nr. 1: Genau hingucken. Euer Buch muss zum Verlag passen und sollte sich homogen ins Portfolio einfügen. Schaut euch das Programm genau an. Wenn jemand für Liebesromane steht, aber mit Young Adult nichts am Hut hat: Spart euch die Mühe.

Marktforschung ist wichtig. Was wird denn überhaupt gelesen? Der zweihundervierzigste Roman über einen Gestaltwandler in einer Elfenwelt mit Diktatur, die kurz vorm Krieg steht? Der hundertdreißigste College-Geschichte? Würde wirklich der nächste Christian Grey veröffentlicht? Nur, wenn man E.L. James heißt, nehme ich an. 

Es geht nicht darum, Dinge zu schreiben, die euch nicht liegen, um endlich den ersehnten Vertrag zu ergattern. Verlagssuche um jeden Preis ist nicht gut. Was ist für euch nochmal genau der Vorteil eines Verlages? 

Schreibt das, was ihr selbst gerne lesen würdet, aber schreibt es so, dass man ein Alleinstellungsmerkmal erkennt. Wollt ihr Füllstoff sein, weil doch noch ein Buch mit 140 Seiten ins Programm passt? Okay, das ist auch in Ordnung.

„Hauptsache, den Fuß in der Tür“ ist etwas, das man öfter hört.

 

Hm. Euch nützt der schlankste Fuß und die schönste Tür nichts, wenn euer Buch im Verkauf hinter den Erwartungen zurückbleibt. Es wird dann höchstwahrscheinlich das einzige eurer Bücher in diesem Unternehmen sein, und nach zwei Jahren seid ihr wieder draußen, leider aber auch nirgendwo anders drin, weil Verkaufszahlen lesbar sind für die, die’s können.

 

Formalitäten: Häufigster Ablehnungsgrund ist ganz einfach die Tatsache, dass jemand die Formalien nicht beachtet. Besonders bei Wettbewerben und Ausschreibungen ist das der Punkt, wo das Prüfpersonal in die Tischkante beißen möchte.

Was der Verlag/die Agentur/die Plattform will, wird meist ganz klar kommuniziert, auf der Homepage oder in den Teilnahmebedingungen. Wenn ihr von diesen Anforderungen abweicht, fallt ihr höchstwahrscheinlich durchs Raster. Eingangssachbearbeiter, nennen wir sie mal so, lesen nicht lange. Sie schauen kurz drüber: Ist das eine Normseite? Enthält das Exposé die gewünschten Parameter? Und wie sieht das alles denn überhaupt aus? Sind die Daten vollständig? Ja? Okay, dann ab zur nächsten Instanz. Nö? Dann *klick* auf den Delete-Button.

Es versteht sich von selbst, dass in dieser Phase niemand auch nur den winzigsten Gedanken daran verschwendet, eine Antwort-Mail zu schicken. 

 

Der Lektor schaut sich alles, was zu ihm gelangt, dann natürlich genauer an und prüft die Sache nach den verlagseigenen Kriterien. 

Ans Anschreiben (= der Email-Text) braucht man keine erhöhte Kreativität zu verschwenden, drei Sätze genügen. Besonderer Schwung führt hier nicht zwingend zu Beifall. Wichtig ist der Anhang: Exposé und Leseprobe. Was darin enthalten sein soll? Siehe oben: steht normalerweise auf den Seiten des Empfängers.

Steht da nicht?  Dann geht ihr einfach auf Nummer sicher. Es gibt gute Vorlagen für Exposés, und wenn ihr wirkliche nichts findet, schreibt mir. Wichtig: haltet euch sklavisch an die vorgegebene Länge. Wenn 1-2 Seiten gewünscht sind, schickt man keine drei oder mehr. 

Genauso verhält es sich mit der Leseprobe: bitte vom Anfang des Manuskriptes, und nicht fünfzig Seiten, weil grade alles so toll ist, sondern wirklich nur die 30.

 

Bis zur Leseprobe liest jemand aber nur, wenn er einen Grund hat, nicht schon auf den ersten drei oder vier Seiten auszusteigen. Er wird dankbar sein, wenn ihr ihm einen Grund gebt, vorher aufzuhören, denn er hat ja noch die zehn anderen Bewerbungen, die vielleicht eines näheren Blickes bedürfen. Und er schaut sich die Textprobe sowieso nur an, wenn das Exposé passt.  Nach meiner Erfahrung ist das nicht mal bei der Hälfte der Zusendungen der Fall.

 

Okay, und was kann dabei schiefgehen?

Größtes Allergiepotenzial bei neuen Manuskripten:  Vermeidbare Fehler.

Was sind vermeidbare Fehler? Was sind unvermeidbare Fehler?

Unvermeidbare Fehler sind alle, bei denen man es eben nicht besser weiß oder wissen kann. Mitunter hat man einfach keinen Durchblick, in welcher Form jemand etwas haben will – man macht es so gut wie möglich und hofft das Beste.

Vermeidbar sind alle orthografischen Mängel. Klar darf man sich vertippen. Klar rutscht einem mal was durch. Klar sind wir alle nur Menschen. Aber doch nicht bei einem Exposé, das zu einem Vertrag führen soll! Wer da nicht sicher ist, muss eben Hilfe in Anspruch nehmen. Lektorate und Korrektorate solcher kleinen Textmengen kosten wenig, und das Geld ist höchstwahrscheinlich sinnvoll angelegt.

Ausnahme: Jemand entpuppt sich als Ausnahmetalent und/oder das Exposé ist der Knaller und/oder die Leseprobe zieht die Lektorin derart mit, dass sie ganz wuschig wird. Achtung: Die Ausnahmetalente sind klar einstellig!

 

Merksatz Nr. 2: Fehler eliminieren. Spätestens beim fünften Augenverdrehen müsste die Einreichung schon sehr, sehr gut sein, um sich überhaupt auf diesen Autor einzulassen.

Die Rede ist oft davon, dass man sein Manuskript „perfektioniert“ hat. Wirklich? Wie kommt es dann, dass schon in den meisten Textschnipseln auf Instagram kein fehlerloser Satz zu finden ist? Ihr müsst es einfach schaffen, notfalls unter Aufbietung aller Ressourcen, diese paar Seiten perfekt abzuliefern.

„Ja, aber die lektorieren/korrigieren doch sowieso nochmal!“ Schon. Aber erst, wenn die Unterschrift unter eurem Vertrag getrocknet ist. Und dazu muss es eben erstmal kommen.

Bis dahin ärgert ihr euch wahrscheinlich.

Ihr ärgert euch, wenn ihr keine Rückmeldung bekommt. Ihr ärgert euch aber auch, wenn ihr eine Rückmeldung bekommt, womöglich eine, die aus lauter vorgefertigten Sätzen bestehen, die die Bürokraft ein bisschen hin- und herschiebt.

Der Ärger ist deutlich geringer, wenn man dem Ablehnungstext anmerkt, dass dahinter ein Mensch steht, der sich wenigstens ein paar Gedanken zu eurem Werk gemacht hat. Man möchte eine Erklärung, das ist total verständlich und absolut menschlich.

 

Verlage bekommen tatsächlich sehr, sehr viele Manuskripte zugesandt, aber die überwiegende Mehrzahl davon ist ruckizucki bearbeitet.

Manche verschicken Eingangsbestätigungen, manche  diese Standard-Mails aus den Textbausteinen, die meisten verschicken gar nichts. Eine Mail zu senden wäre vielleicht „höflich“ oder „respektvoll“, aber würde es euch wirklich helfen, je nachdem, was darin stünde?

 

Kleinverlage verschicken naturgemäß eher persönliche Antworten als große Unternehmen, aber dazu sollte man wissen, dass das Manuskriptsichten auch gern ausgelagert wird. Oft wird Verbesserungspotential angemahnt, beispielsweise eine automatische Eingangsbestätigung gewünscht. Ja, könnte man machen. Aber hey, geht einfach davon aus, dass alles angekommen ist.

Wenn eure Mail nicht zustellbar ist, teil euch das euer Maildienst mit. Und Spam-Ordner werden auch in Unternehmen regelmäßig kontrolliert, keine Sorge. Einige Realitätsblinde trösten sich gern damit, dass die Mail doch sicher verlorenging.

Wer auf der anderen Seite dieses Mailpostfaches sitzt (manchmal vielleicht ich), der ärgert sich auch. Und zwar oft. Über Schlampigkeit, Ignoranz, Langeweile, Unkenntnis.

 

„Perfektioniert“ ist etwas, wenn es nahe an der Perfektion ist. Das heißt zumindest, dass ein Exposé keine (!) Fehler enthält, dass die Leseprobe fern einer Fassung im ersten Überarbeitungsstadium ist, das der Autor weiß, was ein USP ist (und das Manuskript so etwas auch tatsächlich hat!), dass man nicht die ewig gleichen Themen zum hundertsten Mal aufwärmt, dass man nicht einen anderen Text nach der eigenen Fasson aufbereitet hat, und dass man nicht mit allzu konkreten Forderungen nervt. Die Selbstüberschätzung mancher Kollegen ist legendär. Besonders deutlich zu sehen ist das, wenn es um Wettbewerbe und Challenges geht. Verlage warten in der Regel nicht auf Einsendungen. Die meisten haben genau im Blick, wer womit auf dem Markt ist. Nicht umsonst gibt es Scouts.

 

Lektoren (jedenfalls die, die ich kenne) prüfen nicht nur das, was ihr ihnen zukommen lasst. Wenn die Sachen gefallen, greift JEDER zu den üblichen Stalker-Methoden: Social Media. Instagram, Facebook, Homepage? Da wäre dann nett, wenn man angenehm auffällt, oder zumindest so, dass der Verlag keine größeren Probleme befürchten muss (nein, jetzt kommt nicht wieder dieses kleinliche Gemecker über Sätze, die in der Tat besser im Wortsinne ausgezogen wären und nicht in die Welt…!). Die Anzahl der Follower ist weniger wichtig als die Qualität der Follower: Accounts, denen 200 Fake-Accounts und ein paar applaudierende Fans resp. Freundinnen anhängen, sind jetzt nicht SO toll. Potentielle Leser wären gut!

 

 Ist euch schon mal aufgefallen, dass viele Autoren, die plötzlich in den Verlagen auftauchen, gefühlt noch nie zuvor einen Mucks von sich gegeben haben? Die arbeiten einfach so vor sich hin und machen ihr Ding! Die nicht laut herum, posten keine grottenschlechten Beispiele, jammern nicht über mangelnde Sichtbarkeit und ausbleibende Rezis.  

Jeder weiß, dass das Netz selten vergisst. Achte darauf, was ihr postet. Ungünstige Fotos und Texte, in denen nur noch von mangelndem Antrieb, von Aufmüpfigkeit und Rebellion die Rede ist, wird einen guten Verlag vielleicht nicht sofort von euch überzeugen. Viele von uns sind quasi transparent: Keine Frage bleibt unbeantwortet, kein Geheimnis unaufgedeckt, keine Banalität unerwähnt.  Verlage haben Lust, mit euch Geld zu verdienen. Beweist eure Kreativität, aber auch eure Zuverlässigkeit. Autorentätigkeit hat auch was mit Sich-Verkaufen zu tun. Andererseits darf man auch nicht den Eindruck erwecken, den ganzen Tag bei Insta rumzutrödeln. Man muss etwas anbieten können. Ein eingereichtes Manuskript sollt ihr nur dann komplett schicken, wenn es explizit verlangt wird, aber euer Werk sollte am Tag der Bewerbung fertig sein (fertig = keine Rohfassung, mindestens überarbeitet). (Falls ihr zufällig Fitzek, Neuhaus oder Juli Zeh seid, reicht auch ein kleiner Pitch mit einer guten Idee, sonst nicht.)

Verlage wollen Verlässlichkeit. Zeigt, dass ihr Dinge fertigstellen könnt. Viele Manuskripte schwingen sich anfangs in recht beachtliche Höhen, fallen dann aber ab: Man merkt, der Autor hat sich am Anfang Mordsmühe gegeben, aber dann ging irgendwo mitten auf dem Weg die Puste aus. Ja, dabei kann dann der Lektor helfen, aber so weit muss es halt erst mal sein! Debüts sind immer schwer. Aber nicht unmöglich, denn irgendwo kommen die neuen Autoren ja schließlich her :-)

 

 Und immer, immer kommt das Rowling-Beispiel und wie DIESE Verlage sich wohl ÄRGERN müssen. Tja, weiß ich nicht, ob die das wirklich tun. Vielleicht hat DIESE Absage jemanden den Job gekostet. Vielleicht haben DIESE Verlage ganz andere Eisen im Feuer. Vielleicht ist das alles SO auch nie passiert, wer weiß. 

Apropos Fortsetzung: Schreiibt denn jeder Serien und Reihen? Könnt ihr gern machen. Bei einer Verlagsbewerbung:  Kündigt ihr vollmundig eine Trilogie (+) an, minimiert ihr eure Chancen erheblich. Rückt erst mal nur mit einem Buch vor. Und sorgt dafür, dass euer Buch auch als Standalone funktioniert.

 

Als Lektor hat man das Potenzial eines Buches zu beurteilen, und zwar zum Wohle des Verlages. Im weiteren Sinne beurteilt man aber, ob Leute schreiben können oder nicht. Wer Rechtschreibung nur rudimentär beherrscht und sich auf seinem Weg durch den Plot total verzettelt, wird es schwer haben. 

Wenn ein Manuskript gut ist, wird sich auch jemand darauf melden. Das Problem ist meiner Erfahrung nach, dass viele Autoren sich trotz der ganzen Informationen, die es zu diesem Thema überall gibt, zu wenig Gedanken machen und tatsächlich zu betriebsblind sind.

 

Respekt ist keine Einbahnstraße. Wer ausbleibendes Feedback als „Frechheit“ empfindet, mit seinem Anschreiben besonders herausstechen möchte, gleich mal acht Testleser-Meinungen anhängt, mit seinen immerhin siebzehn Rezensionen angibt (alle aus der Lovelybooks-Leserunde), als Werdegang vorweist, „schon immer geschrieben“ zu haben… der sollte seine Bewerbung vielleicht nochmal überprüfen.

 

In der Forderung nach Respekt schwingt immer eine weitere mit, die nach weniger „unprofessionellem“ Verhalten seitens der Verlage. Verlage sind Wirtschaftsunternehmen, die ihre Abläufe routinieren und optimieren müssen. Es ist nicht einfach, einen Text in der Kürze der verfügbaren Zeit zu bearbeiten, und die Chance einer Veröffentlichung steht und fällt mit dem Aufwand, den dieser Verlag mit diesem Text haben wird. Einschätzung des Lektorats- und des Korrekturbedarfs und Wie-bringe-ich-das-durch-die-nächste-Redaktionskonferenz sind die wesentlichen Säulen.

Handelt es sich um einen Kleinverlag? Einen mittelgroßen? Einen echten Player? Die Agentur, die ihr favorisiert – wen hat die noch unter Vertrag, und warum könnte das so sein? Think big ist nicht falsch, aber um sich bei Lyx oder Piper zu bewerben, könnte der Weg über eine Agentur eventuell der bessere sein (wobei Agenturen keine Verlagsgarantie bedeuten).

Verlag um jeden Preis“ kommt für mich nicht in Frage. Sind sehr kleine Verlage oder solche, die nur EBooks verlegen, wirklich eine Option für euch? Habt das Geld im Blick, aber auch eure Zeit. Grund für mich, als "Megan McGary" auf Verlagsbewerbungen zu verzichten, war die simple Tatsache, dass es für mich im Verlag zu lange dauert, bis das Buch auf dem Markt ist: Als SP'ler schaffe ich das genauso gut wie viele Verlagspublikationen, aber in einem Drittel der Zeit.

 

Wichtig: Macht euch eine Liste, wann ihr wo wem was geschrieben habt. Es gibt nichts Peinlicheres, als Manuskripte doppelt einzureichen! Lektoren wissen eigentlich, was sie schon mal verworfen haben.

Überlegt euch: Vielleicht hat der Zeitgeist euer Manuskript längst überholt? Bei manchen Kollegen löst allein die Erwähnung des Begriffes „Pandemie“ im Pitch schon einen Energieschub aus, einen negativen. Das kann auch ein Grund für Ablehnung sein: Falsches Thema zur falschen Zeit. Wer jahrelang an seinem Buch arbeitet, hat in dieser Hinsicht leider manchmal das Nachsehen. Texte haben (meistens) ein Verfallsdatum.

 

 

Ja, puuhh, alles schick, aber es geht doch um Ablehnung! Man will ja was aus der ganzen Nummer lernen. Wenn man doch nur wüsste, was man falsch gemacht hat…! Und immerhin wartet man ja nun schon vier, fünf Monate auf eine Reaktion!

Das ist normal. Lektoren in Verlagen haben originär die Aufgabe, Lektorate durchzuführen. Das ist eine zeitintensive Sache und bedingt viele, viele Absprachen und Besprechungen. Zur Arbeitsplatzbeschreibung gehört auch das Sichten von unaufgefordert eingereichen Manuskripten, aber das macht nicht jeder, und vor allem nicht den ganzen Tag. 

Es dauert leider meistens (Ausnahmen gibt es). Ob Schnelligkeit ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist, konnte ich den paar Jahren, in denen ich freiberuflich arbeite, leider noch nicht ergründen - mal so, mal so. In Deutschland gibt's rund 3000 Verlage, allein in Berlin 152 (Quelle: Statista). Pauschal ist da schwierig. 

Nur bei allzugroßer Rasanz sollte man die Lauscher aufklappen und Misstrauen walten lassen: „Verlage“, die kurz nach Erhalt eurer Mail jubelnd einen Vertrag schicken, sind übrigens meist keine, sondern (im besten Falle) Dienstleister, die Geld sehen wollen. Eures. Also Vorsicht.

 

Wenn das Feedback gänzlich ausbleibt: Hakt die Sache nach sechs Monaten ab. Klar gibt es diese Geschichten, wo Leute nach der Zeitspanne einer Elefantenträchtigkeit eine Rückmeldung bekommen haben, aber hey, so viel Lebenszeit haben wir alle nicht, um auf solche Ausnahmen von der Ausnahme zu hoffen.

Bei manchen klingt das mit dem „Warten“ so, als sei das eine aktive Tätigkeit. Klar kann man gelegentlich mal daran denken, dass man doch da und da mal ne Mail hingeschrieben hat, aber im Grunde sollte das so funktionieren: abschicken, aufatmen, abhaken. Falls irgendwann mal eine Antwort kommt: schön. Falls nicht: auch schön. In der Zwischenzeit habt ihr jede Menge zu tun: Lesen. Was Neues schreiben. Was lernen. Recherchieren. Überarbeiten. Skills aufbauen, Handwerk verbessern.

Jeder hasst warten. Tut nicht nichts. Kein Autor macht das! Schafft euch ein Polster. Bestenfalls eines an Veröffentlichungen. Vielleicht auf eurem (fundierten!) Blog, in Anthologien, bei Ausschreibungen, im Selfpublishing.  Habt ihr etwas vorzuweisen, kann man vielleicht irgendwann gar nicht mehr anders, als neugierig auf euer neuestes Manuskript zu sein.

Lektoren drücken ein Auge zu, wenn ihnen die Geschichte grundsätzlich gefällt. Was gefällt, ist bei jedem anders, aber überwiegend folgt man einer Linie. Platz für persönliche Lieblinge ist natürlich auch, aber man muss einen Nerv treffen, um zu erreichen, dass die Lektoren einen durchkämpfen.

 

Deshalb muss das Gesamtpaket stimmen. Verzichtet auf Eigenlob und auf alles, was kapriziös macht.  Lasst die Playlist und den Drehbuchvorschlag noch mal weg, macht weder Covervorschläge noch favorisiert eine Zeichnerin. So gemein das auch klingt, aber hinter eurem Manuskript warten noch ganz viele andere. Seid kooperativ und pflegeleicht, aber sagt nicht zu allem Ja und Amen. Seid keine Bittsteller! Macht euch nicht klein. Ihr habt ein ganzes Manuskript geschrieben! Das ist eine große Leistung. Man wird euch verzeihen, dass ihr unerfahren seid.

 

 

Viele Verlage sparen sich Absagen, weil sie es einfach zeitlich nicht schaffen. Klar kostet eine Mail nicht mal fünf Minuten, aber es ist das Davor und das Danach, was ausufert. Meist ist das Buch nach der Negativentscheidung bereits wieder vom Tisch. Es würde viel zu viel Aufwand bedeuten, eine halbe Seite zur Begründung zu schreiben. Deswegen behilft man sich oft mit Standardabsagen, die dann floskelhaft klingen und auch nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen müssen.

 

Wenn ihr das Glück hattet, dass sich jemand intensiv mit eurem Text beschäftigt hat, wird sich derjenige höchstwahrscheinlich auch mit euch in Verbindung setzen und erklären, was fehlt – oder zu viel ist. Vielleicht macht man euch Gegenvorschläge. Das ist ein prima Zeichen, sehr wertvoll und das, was alle wollen!

Man kann den Weg eventuell abkürzen, indem man vorher schon jemanden fragt, der sich auskennt. Unzählige Menschen reichen Texte irgendwo ein, und neulich sagte jemand, dass 90 % davon nicht den Erwartungen entsprechen. Jemand anders ergänzte: 95 %. Dann der dritte: 99. Für so krass halte ich das nicht, aber Fakt ist, dass viele Autoren viele Verlagsfrösche küssen müssen, bis sie dann „irgendwo unterkommen“.

 

Hier liegt für mich der Denkfehler. Verlage haben nicht nur Vorteile, und Verlage „adeln“ einen nicht unbedingt – es gibt genug Gegenbeispiele.

Begründete Absagen helfen IMMER und sind, außer einer ZUsage, das nächstbeste. Regt euch nicht auf. Hört euch das an und überarbeitet gegebenenfalls eben nochmal. Was man sich als Verlag nach einem guten Feedback auf jeden Fall einhandelt, sind Rückfragen. Jeder Mitarbeiter weiß das: begib dich in Gefahr, und du kommst darin um. Es gibt Email-Verkehr, vielleicht Telefonate.  Das kostet alles teuer bezahlte Zeit. Lektoratsarbeit ist aufwändig, und vielleicht werdet ihr gar nicht mit dem Fiesling telefonieren können, der euer Manuskript verworfen hat.

Verlage begründen selten, warum sie einen Text nicht nehmen wollen. Aber manche teilen euch mit, was ihr tun könnt, um beim nächsten Mal die Chancen zu verbessern.

 

Die gute Nachricht ist: Ganz oft kann man wirklich nichts dafür – fehlende Programmplätze, abgeschlossene Vorausplanung, interne Gründe wie z.B. Veränderung im Schwerpunkt, Marktschwankungen, aktuelles, das Vorrang hat. Es liegt gar nicht an euch!

Die schlechte Nachricht: Manchmal (häufig) ist es eure eigene Schuld – schlechte Vorbereitung, zu hohe Fehlerquote, die gleiche Idee wird zu oft umgesetzt, falsche Vorstellungen, was die Leute wollen und was sie ihrerseits geben können.

 

Es ist in den meisten Häusern nicht so, dass dort hundert Manuskripte am Tag eingehen. Nicht mal hundert die Woche. Und wenn, fliegen zwei Drittel schon bei der ersten Sichtung raus, siehe oben, die liest kein Mensch.

Manche Absagen kleiden sich in Schönfärberei: „Sie schreiben wirklich fantastisch, aber leider…“ (Wenn ihr wirklich fantastisch geschrieben hätte, wäre jemand, der schon halb durchs Meeting durch ist, zu euren Gunsten wieder rausgeflogen). Die Leute schreiben solche netten Sachen auch deshalb, weil sie nicht dran schuld sein wollen, wenn ihr aus dem Fenster springt.

 

Nehmt dieses wie jenes nicht so ernst. Es sind nur Meinungen, keine Urteile. Allerdings sind manche Absagen wir Zeugnisse von der Sorte, in denen man verklausuliert Wertungen ausdrückt. „Bitte lassen Sie sich nicht von Ihrem Weg abbringen und reichen Sie uns gern ein nächstes Beispiel Ihres Schaffens ein…“  heißt: Such dir ein neues Hobby, und melde dich hier nie wieder. Wenn ich Zeit hab, mach ich mal ein Top Ten.

Das ist der Nachteil an Verlagseinreichungen. Bei Agenturen kann man mehr Glück haben: Will man euch haben, setzt man sich auch genau mit euren Arbeiten auseinander. Schließlich verdient der Agent nur Geld, wenn er ein Buch vermittelt, und das bitteschön erfolgreich.

 

Jeder hängt an seinem Text. In jedem längeren Text steckt unendlich viel Herzblut, und jeder, der schreibt weiß, wie weh es tut, wenn genau dieser brillante, geniale, einzigartige Satz gestrichen wird. Mit einem ganzen Manuskript ist das noch schlimmer. Aber es ist nicht die Ablehnung eurer Person oder eures Könnens, sondern einfach nur DIESES TEXTES. Es gibt unzählige Verlage und noch mehr Möglichkeiten! Go on! Irgendwann klappt’s.

  

Übrigens: Man kann auch im Selfpublishing erfolgreich sein. Aber bitte nicht, wenn man SP als letzten Ausweg betrachtet, weil die Verlagsgötter einen abgelehnt haben. SP ist Lernbereitschaft, Fleiß und Mut. Nur zu! Ihr schafft das!

 

 

©MegMcGary06/2021

 

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